Interview mit Helmut-Joachim König, Sikomed GmbH

Der zahnmedizinische Markt ist im Umbruch. Zahnärztliche Praxen und Berufsausübungsgemeinschaften werden zunehmend attraktiv für Investoren. Die Zusammenarbeit und der Verkauf werden in der Regel über die Gründung und den Betrieb von medizinischen Versorgungszentren umgesetzt. Hierüber habe ich am 20. Mai 2020 mit dem auf den zahnmedizinischen Bereich fokussierten und langjährig erfahrenen Experten, Herrn Heljo KÖNIG, gesprochen:

Dr. Markus Wollweber

Helmut-Joachim König

Herr König-3

Markus WOLLWEBER: Hallo Herr KÖNIG. Zeit der Ernte für Zahnärzte? Was macht das Jahr 2020 so interessant für Zahnmediziner?

Heljo KÖNIG: Die Corona-Pandemie konfrontiert niedergelassene Zahnärzte mit großen, bisher nicht erwarteten wirtschaftlichen Risiken. Die zeitweilige Reduzierung der Praxistätigkeit auf die Notfallversorgung und die Ängste von Patienten vor Infektionen haben finanzielle Einbußen zur Folge, die die finanziellen Reserven mancher Praxen überfordern. Solche Erfahrungen führen natürlich zu Überlegungen, Risiken zukünftig vorbereitet zu begegnen. Ein Weg ist die Begründung einer Partnerschaft zwischen Zahnärzten und Investoren, die die zeitweiligen finanziellen Herausforderungen meistern hilft und zudem weitere Chancen bietet. 2020 dürfte solche Überlegungen beflügeln.

Markus WOLLWEBER: Die Beteiligung eines institutionellen Anlegers: Ist das überhaupt möglich und zulässig?

Heljo KÖNIG: Das deutsche Sozialrecht räumt Investoren, die über die sogenannte Gründereigenschaft verfügen, das Recht ein, sich z. B. an Zahnarztpraxen zu beteiligen. Gründer in diesem Sinne sind u. a. niedergelassene (Zahn-)Ärzte, zugelassene Krankenhäuser und Kommunen.

Investoren beteiligen sich über den Erwerb zugelassener Krankenhäuser an Zahnarztpraxen.

Markus WOLLWEBER: Erzählen Sie uns ein wenig über die Investoren: Was macht Zahnarztpraxen für institutionelle Anleger so attraktiv? Wer ist am Markt aktiv?

Heljo KÖNIG: Zahnarztpraxen sind aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Umsatzrendite, der Nachhaltigkeit des Bedarfs und der Leistungsfinanzierung über die gesetzliche und private Krankenversicherung besonders attraktive Investments. Am Markt treten Investoren mit unterschiedlichen Investitionsbudgets, Vorstellungen über die Investitionsdauer und einem in Vielzahl und Qualität sehr unterschiedlichem Dienstleistungsangebot, mit dem die erworbenen Praxen z. B. im Marketing oder der Personalakquisition unterstützt werden, auf. Natürlich unterscheiden sich ihre Ziele und Herangehensweisen insbesondere durch die geplante Investmentdauer. Einige Investoren streben Gewinnmitnahmen nach einer Haltedauer von z. B. 5 Jahren an, anderen schwebt ein Zeithorizont von 15 oder sogar noch mehr Jahren vor.

Markus WOLLWEBER: Häufig wollen Investoren, dass der Zahnarzt als „der“ Leistungsträger mittel- oder langfristig an Bord bleibt. Wie wird das umgesetzt?

Heljo KÖNIG: Der Erfolg der Praxis hängt am Praxisteam, insbesondere an den Behandlern. Das Investment glückt nur, wenn die Behandler dauerhaft gebunden und später erfolgreich nachbesetzt werden können. Den abgebenden Zahnarzt möchten Investoren deshalb möglichst für 5 und mehr Jahre binden; deshalb werden langfristige Anstellungsverträge mit ihm abgeschlossen. Er übernimmt zudem die zahnärztliche Leitung und bei einigen Investoren auch die Geschäftsführung.

Markus WOLLWEBER: Nun könnte der Zahnmediziner seine Zahnarztpraxis auch „klassisch“ an einen anderen Berufskollegen verkaufen. Was macht den Verkauf an einen institutionellen Anleger aus Sicht des veräußernden Zahnmediziners attraktiv?

Heljo KÖNIG: Attraktiv sind die von Investoren angebotenen Kaufpreise für größere Mehrbehandlerpraxen, die Berufskollegen nicht zahlen können und die sehr deutlich über dem üblichen Niveau liegen. Hinzu kommt, dass unternehmerisch orientierte Zahnärzte einen finanzstarken Partner gewinnen, der z. B. Expansionsstrategien durch Filialbildung u. a. finanzieren kann. Die häufig restriktive Bank wird durch einen gleichgesinnten Partner ersetzt, der Zahnarzt enthaftet und von Managementaufgaben entlastet.

Markus WOLLWEBER: Auch steuerlich will so ein Verkauf bzw. ein Zusammengehen mit einem institutionellen Anleger gut geplant sein. Landläufig besteht das Vorurteil, dass nur derjenige Zahnarzt steuerschonend seine Praxis verkaufen kann, der mindestens 55 Jahre alt ist. Nach meiner Marktkenntnis werden zwischenzeitlich auch Modelle mit wesentlich jüngeren Zahnmedizinern umgesetzt. Was hat es damit auf sich?

Heljo KÖNIG: Will man den Verkauf steuerlich optimal gestalten, müssen die individuellen Voraussetzungen berücksichtigt werden. So kann ein Verkäufer, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, das Privileg des sogenannten halben Steuersatzes wahrnehmen. Aber auch für jüngere Zahnärzte bestehen steuersparende Kooperationsmodeelle, die sorgfältiger steuerlicher Beratung bedürfen, in diesem Fall aber ähnlich günstig gestaltet werden können wie für einen Zahnarzt über 55 Jahren. Ein solches Modell beginnt mit einer steuerneutralen MVZ-Gründung von Zahnarzt und Investor und endet mit einem gesicherten Verkauf der Gesellschaftsanteile des Zahnarztes an den Investor nach Ablauf von 7 Jahren.

Markus WOLLWEBER: Vielen Dank, lieber Herr KÖNIG, für die interessanten Einblicke in einen sich ändernden Markt.